In Frankfurt-Sindlingen hat vor wenigen Wochen das „Theater in der Engelsburg“ eröffnet, ein erstes Stück feierte auch schon Premiere. Was hinter dem Ort steckt und was aus ihm werden soll.
Sina Claßen /
Unweit der S-Bahn-Station „Frankfurt-Sindlingen“ steht die sogenannte Engelsburg. Bei dem Gebäude handelt es sich – anders als der Name vermuten lässt – jedoch nicht um eine Burg, sondern um das Haus Sindlingen. Von Engeln ist der brutalistische Bau auch nicht bewohnt, allerdings beherbergt er seit kurzem ein Theater: Ende März feierte das gleichnamige „Theater in der Engelsburg“ Eröffnung, seit dem 10. April wird dort die Komödie „How to Date a Feminist“ von Samantha Ellis inszeniert.
Ins Leben gerufen wurde das Theater unter anderem von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ehemaligen Fritz Rémond Theaters (FRT), das 2023 seine Türen im Zoogesellschaftshaus schloss. Neue Gesichter sind ebenso mit dabei und werden weiterhin gesucht. Theaterdirektor Steffen Happel beispielsweise stand 2019 bei einer Produktion im FRT auf der Bühne, saß dort sonst aber regelmäßig im Publikum. In den Planungsprozess für das Theater in der Engelsburg stieg er erst relativ spät ein. An der Seite von Elinor Eidt spielt Happel in der aktuellen Inszenierung ebenfalls mit. „Aus Kostengründen“, wie er verrät.
Theater in der Engelsburg will zweierlei Lücke in Frankfurt schließen
Derzeit wird das Theater komplett ehrenamtlich betrieben. „Alle machen das hier neben ihrem eigentlichen Job“, erzählt Happel. Er selbst ist nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Sprecher und Coach tätig. Saniert hat das 12-köpfige Team die Engelsburg bisher aus eigener Tasche und Kraft – etwa die Lichttechnik auf der Bühne und die Garderoben für Künstlerinnen und Künstler, wobei Teile der Einrichtung von einem anonymen Sponsoren stammen. Requisiten für das Bühnenbild wurden entweder günstig im Internet aufgetrieben oder von anderen Theatern übernommen, einige Kostüme sind vom Schauspiel Frankfurt geliehen.
Mit dem Theater in der Engelsburg sollen gleich zwei Lücken in Frankfurt geschlossen werden: Zum einen möchten Happel und sein Team das „künstlerische Erbe“ und die Tradition des Fritz Rémond Theaters fortführen, zum anderen wollen sie die Kultur im Westen der Stadt stärken. Langfristig wünschen sie sich Planungssicherheit. Ähnlich wie das FRT damals wären sie gerne fest im städtischen Haushalt verankert. Bis dahin ist das Theater in der Engelsburg auf Spenden angewiesen.
Engelsburg: RAF-Terroristinnen und Grünen-Politiker
Ursprünglich als Vorstadttheater gedacht, ist das Haus Sindlingen bestens auf eine Theaternutzung vorbereitet: Es bietet Platz für 470 Zuschauerinnen und Zuschauer, eine geräumige Bühne samt Orchestergraben, eine Probebühne im Untergeschoss sowie eine Gaststätte mit Kegelbahn. Gut ausgelastet sei der Veranstaltungsort derzeit nicht, berichtet Eigentümer Sascha Janzen, monatlich fänden ein bis zwei größere Veranstaltungen statt. Darunter Konzerte, Theater oder Podiumsdiskussionen. Viel werde das Haus von der russisch-ukrainischen Community genutzt.
„Die Engelsburg ist ein geschichtsträchtiger Ort“, sagt Happel. 1973 wurden in den Räumlichkeiten Prozesse gegen zwei Terroristinnen der Roten Armee Fraktion geführt, 1979 gründeten sich die Grünen dort als „sonstige politische Vereinigung“. Ihren Namen hat die Engelsburg übrigens dem Stadtverordneten Karl Engel zu verdanken, der den Bau des Haus Sindlingen in den 60er-Jahren maßgeblich vorantrieb. Entworfen wurde das mittlerweile denkmalgeschützte Gebäude von dem Architekten Günther Bock.